25. Okt. 2023

Gemäß der Neufassung des Klimaschutzgesetzes 2023 soll Deutschland bis 2025 klimaneutral werden. Eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieses Ziels nimmt der Gebäudesektor ein. Erhebliche Investitionen zur Senkung des Energieverbrauchs werden erforderlich sein.

Vor diesem Hintergrund hält der Immobilienfachausschuss die Fortentwicklung des Rechnungslegungs-Standards IDW IFA 1 für erforderlich. Noch handelt es ich bei der Neufassung IDW ERS IFA 1 um eine Entwurfsfassung. Der Entwurf kann auf Empfehlung des Immobilienfachausschusses bereits angewendet werden.

Sie finden die Entwurfsfassung auf den folgenden Seiten.

Entwurf einer Neufassung der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDW ERS IFA 1 n.F.)

Stand: 03.07.20231

Der Immobilienwirtschaftliche Fachausschuss (IFA) des IDW hat den nachfolgenden Entwurf einer Neufassung der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhal- tungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDWERS IFA 1 n.F.) verabschiedet. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu sanieren (siehe Neufassung des Klimaschutzgesetzes von 2023), sieht der IFA Handlungsbedarf, solche Investitionen bei der Beurteilung der Gebäudequalität stärker zu berücksichtigen. IDW ERS IFA 1 n.F. zeigt die daraus resultierenden handelsbilanziellen Auswirkungen auf. Lesen Sie hierzu insb. die neu eingefügte Tz. 14a.

Der Entwurf beinhaltet eine noch nicht abschließend abgestimmte Berufsauffassung. Im Ein- klang mit dem IDW Prüfungsstandard: Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201 n.F.) (Stand: 28.09.2022) kann der Entwurf im Rahmen der Eigenverantwortlichkeit und des beruflichen Ermessens des Berufsangehörigen berücksichtigt werden, soweit er geltenden IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung nicht entgegensteht. Der IFA hat eine solche Empfehlung ausgesprochen.

Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge zu dem Entwurf werden schriftlich an die Geschäfts- stelle des IDW (Postfach 32 05 80, 40420 Düsseldorf oder stellungnahmen@idw.de) bis zum 31.03.2024 erbeten. Die Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge werden im Internet auf der IDW Website veröffentlicht, wenn dies nicht ausdrücklich vom Verfasser abgelehnt wird.

Der Entwurf steht bis zu seiner endgültigen Verabschiedung im Internet (www.idw.de) unter der Rubrik Verlautbarungen zur Verfügung.

Copyright © Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., Düsseldorf.

1. Vorbemerkungen

Diese IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung ersetzt die IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDW RS IFA 1) i.d.F. vom 25.11.2013. Sie betrifft sowohl Wohn- als auch Gewerbeimmobilien. Die Neufassung ist erstmals anzuwenden auf Abschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen.2

Für bauliche Maßnahmen an bestehenden Gebäuden werden unterschiedliche Begriffe verwendet (z.B. Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierung, Modernisierung). Bei der bilanziellen Behandlung dieser Maßnahmen ist zwischen aktivierungspflichtigen Herstellungskosten und nicht aktivierbarem Erhaltungsaufwand zu differenzieren.

2. Aktivierungsvoraussetzungen

Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

  • Herstellung eines Vermögensgegenstands
  • Erweiterung eines Vermögensgegenstands
  • wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstands, die über dessen ursprünglichen Zustand hinausgeht.

2.1. Herstellung eines Vermögensgegenstands

Eine bauliche Maßnahme an einem bestehenden Gebäude hat den Charakter der Herstellung eines neuen Gebäudes, wenn wesentliche Teile des Gebäudes so sehr abgenutzt waren, dass das Gebäude – gänzlich oder in seiner bisherigen Funktion – unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß) und durch die vorgenommenen Maßnahmen unter Verwendung der noch nutzbaren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird. Voraussetzung für die Herstellung eines neuen Gebäudes ist, dass das Gebäude aufgrund baulicher Maßnahmen als in bautechnischer Hinsicht neu anzusehen ist, d.h. dass verschlissene Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmend sind.

2.2. Erweiterung eines Vermögensgegenstands

Eine Erweiterung eines Gebäudes ist gegeben, wenn bauliche Maßnahmen dazu dienen, das Gebäude in seiner Substanz zu vermehren (z.B. Aufstockung, Anbau, sonstige Vergrößerung der nutzbaren Fläche, nachträglicher Einbau neuer Bestandteile mit bisher nicht vorhandenen Funktionen).

Eine Erweiterung eines Gebäudes liegt nicht vor, wenn selbstständig verwertbare Anlagen errichtet werden, die in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen. Diese sind unabhängig vom Gebäude als eigenständige Vermögensgegenstände zu behandeln.

Beispielsweise ist in Fällen, in denen auf einem Gebäude eine Aufdach-Photovoltaik-Anlage installiert wird, unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob darin eine Erweiterung des Gebäudes zu sehen ist, wenn die Photovoltaik-Anlage in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit diesem steht, oder ob die Anlage einen eigenständigen Vermögensgegenstand darstellt. Von einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang ist regelmäßig auszugehen, wenn Pflichten zum Einbau der Anlage bestehen oder der mit ihr erzeugte Strom (nahezu) ausschließlich in dem betreffenden Gebäude verbraucht wird.

2.3. Wesentliche Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus

2.3.1. Ursprünglicher Zustand

Als ursprünglicher Zustand i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB gilt der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Eigentümer das Gebäude in sein Vermögen aufgenommen hat.3 Dies ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Herstellung oder der Anschaffung.

Sind die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgrund baulicher Maßnahmen um nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht worden, so ist in Bezug auf diese Veränderungen nunmehr der Zustand nach Durchführung dieser Maßnahmen als ursprünglicher Zustand anzusehen.

Waren Substanzverluste (z.B. aufgrund von Abbruch, Brandschäden oder Hochwasser) bei Teilen eines Gebäudes zu erfassen, so gilt insoweit der Zustand des Gebäudes nach Eintritt des Substanzverlusts als ursprünglicher Zustand.

2.3.2. Wesentliche Verbesserung

Eine wesentliche Verbesserung ist gegeben, wenn die Nutzungsdauer eines Gebäudes deutlich verlängert oder die Gebäudequalität über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinaus deutlich verbessert wird.

2.3.2.1. Nutzungsdauer

Eine wesentliche Verbesserung liegt insb. im Fall einer deutlichen Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes vor. Dabei ist nicht nur die technische, sondern auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu beachten. Eine wesentliche Verbesserung entsteht nicht schon dadurch, dass Erhaltungsaufwendungen in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt anfallen. Bei umfassenden baulichen Maßnahmen an Gebäuden wird eine Verlängerung der technischen Nutzungsdauer nur dann eintreten, wenn die für die Nutzbarkeit maßgebende mutmaßliche Haltbarkeitsdauer der Bausubstanz in ihrer Gesamtheit dies gewährleistet. Beispielsweise führt die Modernisierung nur einzelner Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nicht zu einer Ausdehnung der Nutzungsdauer des Gebäudes, es sei denn, die einzelne Modernisierungsmaßnahme ist Teil einer umfassenden baulichen Maßnahme im vorstehenden Sinne.

2.3.2.2. Gebäudequalität

Eine wesentliche Verbesserung kann auch in einer qualitativen Verbesserung des Gebäudes bestehen. Sie wird regelmäßig durch einen wesentlichen Anstieg der erzielbaren Miete – unabhängig von der tatsächlich erzielten Miete – zum Ausdruck kommen. Dabei sind solche Mietsteigerungen nicht zu berücksichtigen, die auf Maßnahmen beruhen, die der Mietsache lediglich den zeitgemäßen Gebrauchskomfort wiedergeben, den sie im ursprünglichen Zustand besessen, aber seitdem durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten verloren hatte. Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen können somit sowohl auf aktivierungspflichtigen als auch auf nicht aktivierbaren Aufwendungen beruhen.

Der Gebrauchswert eines Gebäudes bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage, der Architektur, vor allem der Anzahl und Größe der Räume. Daneben bestimmt die Ausstattung den Gebrauchswert eines Gebäudes. Liegt bspw. aufgrund einer baulichen Maßnahme eine Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Bereiche der Ausstattung (Maßnahmen zur Wärme- und Energieversorgung und -speicherung, Sanitärausstattung, Elektroinstallation/Informationstechnik (einschließlich Gebäudeautomation), Fenster, Wärmedämmung) vor, kann von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden.

Auch der Ersatz von bereits vorhandenen durch neue Bestandteile, die neben der bisherigen Funktion noch zusätzliche Funktionen – die über den üblichen technischen Fortschritt hinausgehen – erfüllen, kann zu einer wesentlichen qualitativen Verbesserung des Gebäudes führen.

Gleichwertig zur Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Bereiche der Ausstattung (vgl. Tz. 13 f.) können auch Maßnahmen, die zu einer deutlichen Minderung des Endenergieverbrauchs oder -bedarfs4 führen, eine wesentliche qualitative Verbesserung des Gebäudes darstellen. Jedenfalls dann, wenn der Endenergieverbrauch oder -bedarf um mindestens 30 % gegenüber dem ursprünglichen Zustand (vgl. Tz. 7 ff.) gesenkt wird, kann von einer wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität ausgegangen werden. Dies entspricht bei Wohngebäuden einer Verbesserung der Energieeffizienzklasse des Gebäudes um mindestens zwei Stufen.

2.3.2.3. Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Auch wenn nur kurze Zeit nach der Anschaffung eines Gebäudes Aufwendungen für bauliche Maßnahmen anfallen, liegen Herstellungskosten nur dann vor, wenn die Maßnahmen die Herstellung eines neuen Gebäudes, die Erweiterung des Gebäudes oder eine über den Zustand im Anschaffungszeitpunkt hinausgehende wesentliche Verbesserung bewirken. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Anschaffung ist zu differenzieren, ob die Aufwendungen das Gebäude nur in dem Zustand erhalten, in dem es sich im Erwerbszeitpunkt befand, oder ob bereits zu diesem Zeitpunkt ein Bedarf an erheblichen baulichen Maßnahmen bestanden hatte, deren Durchführung das Gebäude über seinen beim Erwerb gegebenen Zustand hinaus wesentlich verbessert. Letzteres ist insb. dann zu vermuten, wenn im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Aufwendungen vorliegen.

2.4. Zusammenhängende Baumaßnahmen

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Aktivierung von Herstellungskosten vorliegen, sind gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführte bauliche Maßnahmen grundsätzlich getrennt danach zu beurteilen, ob sie nur einer zeitgemäßen substanzerhaltenden Erneuerung gedient oder ob sie zu einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung des Gebäudes geführt haben.

Eine zusammenfassende Beurteilung ist nur dann geboten, wenn Maßnahmen, die für sich betrachtet lediglich eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung bewirken, mit anderen zu Herstellungskosten führenden Maßnahmen in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und insgesamt eine einheitliche Baumaßnahme bilden. Ein enger sachlicher Zusammenhang in diesem Sinne liegt vor, wenn die einzelnen Baumaßnahmen dergestalt ineinandergreifen, dass sie sich bautechnisch bedingen, d.h. wenn die zu Herstellungskosten führenden Maßnahmen bautechnisch zwingend entweder die Durchführung bestimmter Maßnahmen voraussetzen oder die Durchführung weiterer Maßnahmen erfordern.

Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist auch gegeben, wenn sich die Baumaßnahmen planmäßig über mehrere Geschäftsjahre erstrecken. Dabei bestimmt die Art der Maßnahme den zu berücksichtigenden Planungszeitraum.

Zusammenhängende Baumaßnahmen, die ausschließlich der Modernisierung einzelner Wohnungen dienen, können zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes führen, wenn durch diese Maßnahmen das Gebäude als Ganzes eine wesentliche Verbesserung – i.S. einer Erhöhung des Gebrauchswerts – erfährt.

3. Besonderheiten bei komponentenweiser planmäßiger Abschreibung

Die in dieser IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung dargelegten Grundsätze zur Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten gelten auch dann, wenn von der Möglichkeit einer komponentenweisen Ermittlung der planmäßigen Abschreibung i.S. des IDW RH HFA 1.0165 Gebrauch gemacht wird. Der Austausch einer Komponente ist keine Erweiterung oder wesentliche Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Vielmehr stellt der Austausch den Ersatz wesentlicher physischer Substanz dar. Aufwendungen, die nicht für den Austausch einer Komponente anfallen, sind nach den allgemeinen Grundsätzen nur dann als nachträgliche Herstellungskosten zu aktivieren, wenn das Gebäude insgesamt durch die Baumaßnahme erweitert oder wesentlich verbessert wird. Sind durch eine Baumaßnahme mehrere Komponenten betroffen, sind die angefallenen nachträglichen Herstellungskosten den jeweiligen Komponenten zuzuordnen und über deren Restnutzungsdauer planmäßig abzuschreiben.

4. Außerplanmäßige Abschreibungen bei nicht rentierlichen Herstellungskosten

Führt die Aktivierung von Herstellungskosten zu einem Buchwert, der voraussichtlich dauernd über dem beizulegenden Wert liegt, sind außerplanmäßige Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB vorzunehmen. Diese Abschreibungsnotwendigkeit ist insb. zu prüfen, wenn die durchgeführte Maßnahme nicht eine entsprechende Erhöhung der zu erzielenden Mieteinnahmen nach sich zieht.

 

1 Verabschiedet vom Immobilienwirtschaftlichen Fachausschuss (IFA) am 25.11.2013. Billigende Kenntnisnahme durch den Hauptfachausschuss (HFA) am 06.12.2013. Punktuelle Fortentwicklung aufgrund geänderter politi- scher und gesetzlicher Rahmenbedingungen (Klimaschutzgesetz, „Energiewende“) verabschiedet vom IFA als Entwurf einer Neufassung am 03.07.2023. Billigende Kenntnisnahme durch den Fachausschuss Unterneh- mensberichterstattung (FAB) am 29.08.2023.

2 Eine frühere Anwendung dieser IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung ist zulässig, sofern die darin enthaltenen Regelungen vollständig beachtet werden; vgl. IDW Prüfungsstandard: Rechnungslegungs- und Prüfungs- Eine frühere Anwendung dieser IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung ist zulässig, sofern die darin enthal- grundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201 n.F.) (Stand: 28.09.2022), Tz. 19 Satz 2.

3 Für Unternehmen in den neuen Bundesländern, die den Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes unterliegen, ist der Zeitpunkt maßgeblich, auf den die D-Mark-Eröffnungsbilanz aufgestellt wurde.

4 Vgl. DIN 18599-1 „Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung“.

5 IDW Rechnungslegungshinweis: Handelsrechtliche Zulässigkeit einer komponentenweisen planmäßigen Abschreibung von Sachanlagen (IDW RH HFA 1.016) (Stand: 29.05.2009).

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