08. Sep. 2022

Vor dem Hintergrund der in den letzten beiden Jahren gesammelten grundsätzlich positiven Erfahrungen und der fortschreitenden Digitalisierung soll die virtuelle Versammlung eine dauerhafte, weiterentwickelte Regelung im Gesetz erhalten. Dadurch soll insbesondere das Niveau der Rechtsausübung dem der Präsenzversammlung vergleichbar gestaltet und gleichzeitig eine durch das virtuelle Format erforderliche Entzerrung der Versammlung erreicht werden.

Mit dem am 27. Juli 2022 in Kraft getretenen „Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und die Änderung genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften“ wurde daher ein neuer Paragraph in das Genossenschaftsgesetz eingefügt.

§ 43b Formen der Generalversammlung

(1) Die Generalversammlung muss in einer der folgenden Formen abgehalten werden:

  1. als Präsenzversammlung an einem Ort, an dem die Mitglieder gemeinsam physisch anwesend sind,
  2. als virtuelle Versammlung ohne gemeinsame physische Anwesenheit der Mitglieder an einem Ort,
  3. als hybride Versammlung, an der die Mitglieder wahlweise am Ort der Versammlung physisch anwesend oder ohne physische Anwesenheit an diesem Ort teilnehmen können,
  4. als Versammlung im gestreckten Verfahren, aufgespalten in
    a) eine Erörterungsphase, die abgehalten wird
       aa) als virtuelle Versammlung oder
       bb) als hybride Versammlung und
    b) eine zeitlich nachgelagerte Abstimmungsphase.

(2) Bei einer Präsenzversammlung können Beschlüsse der Mitglieder auch schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation gefasst werden; das Nähere hat die Satzung zu regeln. Ferner kann die Satzung vorsehen, dass

  1. in bestimmten Fällen Mitglieder des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung an der Generalversammlung teilnehmen können und
  2. die Generalversammlung in Bild und Ton übertragen werden darf.

(3) Bei einer virtuellen Versammlung muss sichergestellt sein, dass

  1. der gesamte Versammlungsverlauf allen teilnehmenden Mitgliedern schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation mitgeteilt wird und
  2. alle teilnehmenden Mitglieder ihre Rede-, Antrags-, Auskunfts- und Stimmrechte schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Die Satzung kann die Einzelheiten dazu regeln, wie die Rede-, Antrags-, Auskunfts- und Stimmrechte schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation ausgeübt werden können.

(4) Bei einer hybriden Versammlung muss sichergestellt sein, dass

  1. der gesamte Versammlungsverlauf allen teilnehmenden Mitgliedern im Wege der elektronischen Kommunikation mitgeteilt wird,
  2. die Mitglieder, die ohne physische Anwesenheit am Ort der Versammlung teilnehmen, ihre Rede-, Antrags-, Auskunfts- und Stimmrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können und
  3. der Vorstand und der Aufsichtsrat durch physisch am Ort der Versammlung anwesende Mitglieder vertreten sind.

Die Satzung kann die Einzelheiten dazu regeln, wie die Rede-, Antrags-, Auskunfts- und Stimmrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausgeübt werden können.

(5) Bei einer Versammlung im gestreckten Verfahren muss sichergestellt sein, dass

  1. während einer als virtuelle Versammlung stattfindenden Erörterungsphase Absatz 3 mit Ausnahme der Anforderungen an die Ausübung von Stimmrechten erfüllt ist,
  2. während einer als hybride Versammlung stattfindenden Erörterungsphase Absatz 4 mit Ausnahme der Anforderungen an die Ausübung von Stimmrechten erfüllt ist und
  3. während der Abstimmungsphase alle Mitglieder ihre Stimmrechte schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Die Satzung kann die Einzelheiten dazu regeln, wie die Stimmrechte nach Satz 1 Nummer 3 ausgeübt werden können.

(6) Vorbehaltlich einer Satzungsbestimmung nach Satz 3 entscheiden Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen der Mitglieder über die Form

  1. der Versammlung nach Absatz 1 und
  2. der Erörterungsphase nach Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a und b, falls eine Entscheidung für eine Versammlung im gestreckten Verfahren getroffen wurde.

Hat die Genossenschaft keinen Aufsichtsrat, entscheidet der Vorstand gemeinsam mit einem von der Generalversammlung aus ihrer Mitte gewählten Bevollmächtigten. Können sich Vorstand und Aufsichtsrat oder Vorstand und der Bevollmächtigte nach Satz 2 nicht nach Satz 1 auf eine Form einigen oder kommt eine Entscheidung aus sonstigen Gründen nicht zustande, ist eine Präsenzversammlung abzuhalten. Die Satzung kann eine in Absatz 1 bestimmte Form der Versammlung festlegen oder das Auswahlermessen nach Satz 1 beschränken. Die Abhaltung einer Präsenzversammlung kann nach Satz 4 nicht ausgeschlossen werden.

(7) Mitglieder, die an einer Versammlung nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation teilgenommen haben, gelten als erschienen.

 

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